So ist es nicht:
Der Augenblick der „Gnade“, der eine,
Das „FEUER“, die Glut, und
Dann der Zettel Pascals,
Ansonsten nämlich
Ausgestoßen zu sein,
Jahre-, gar lebenslang,
Einziger Trost
Das ‚Memorial‘,
Eingenäht in den Saum
Täglich genutzten Gewandes,
Tägliche Mahnung,
Nicht zu vergessen,
Unverzagt
Dankbar zu sein.
Ach, das kanntest du auch,
Diese Stunde des Aufschwungs,
Die seltene, große,
Die Glut – und jeder Tag rückt sie weiter
Hinaus, hinab in die Dämm’rung
Fernen Vergangenseins.
So wandelt Trost sich zu Trauer,
Zur Dunkelheit ohne Weg.
Doch, wie gesagt –
So ist es nicht:
Du hast das Licht der Stille – Verheißung
Betritt deinen Leib, Glanz
Auch: Verwandlung geschieht,
Und das aus eignem,
Nicht aus fremdem Entscheid:
Du bist es, der – mit Lust,
Liebe auch – sich
Zur Stille entschließt,
Gütig nimmt sie dich auf.
Hebt dich ins Andre, ins Weite,
In die Vollendung,
Über das Hier, das
Jetzt hinaus,
Hell, ohne Nacht.
Frieden, keiner, der dich
Fernher antritt, von außen –
Du bist das, der Frieden,
Nichts schmerzt, nichts fehlt, kein Wunsch,
kein Begehren
Noch schreckt dich Angst vorm Verlöschen.
Windstiller Tag voll Licht,
Und doch, der Gluthauch der Freude,
Auch er entsteigt diesem still-
Schwebenden Licht.
(2002)
Zum besseren Verständnis der ersten Strophe und zur Auffrischung des Gedächtnisses sei hier noch einmal die Fußnote wiederholt, die der Verfasser bereits dem Gedicht Wieder dies herbstliche Aufersteh’n beigegeben hat:
Nach Pascals Tod am 19.8.1662 fand man, in eines seiner Kleidungsstücke eingenäht, einen ‚Memorial‘ überschriebenen Zettel, aus dessen in Pascals Handschrift abgefassten Eintragungen folgendes zitiert sei: ‚Jahr der Gnade 1654 / Montag, 23. November, Tag des heiligen Clemenz... / Seit ungefähr abends zehneinhalb bis ungefähr eine halbe Stunde nach Mitternacht: / FEUER / ‚Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs’, / nicht der Philosophen und Gelehrten. / Gewissheit, Gewissheit, Empfinden, Freude, Friede. / … / ‚Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht, aber ich kenne dich.’ / Freude, Freude, Freude und Tränen der Freude.‘ – Acht Jahre also hat Pascal diesen Zettel Tag für Tag bei sich getragen, um diese Stunden der Gnade nicht zu vergessen.