‚Jenseits von Leben und Tod‘ –
Einst bedeutete das,
Frei zu sein
Wie vom abermaligen Sterben
So von neuer Geburt.
Das als Glück zu empfinden
Gilt freilich nur,
Wenn zu leben ein Schrecknis ist,
Durch Wiederholung des Todes
Schlimmer als ohnehin schon.
Wie aber, wenn
Leben dir teuer ist –
Wäre dann nicht
Wiedergeboren zu werden
Ein noch größeres Glück?
Wie auch, wenn
Nur dieses eine
Leben zu haben
Eben das Schrecknis wär‘?
Welchen Sinn
Machte es dann,
Nicht nur nicht mehr zu sterben –
Das wäre wunderbar –
Nein, auch vom Leben noch frei zu sein?
‚Jenseits von Leben und Tod‘ –
Warum sollte dir nicht
Diesem Satz
Neuen, unvermuteten Sinn kühn
Einzuhauchen erlaubt
Sein? Zumal, was dich treibt, nicht
Übermut ist –
Ernsthaft du und Erfahrung, die
Gar keine andere Wahl lässt:
‚Jenseits von Leben und Tod‘,
Das ist für dich:
Nichts, auch das Leben nicht,
Leerheitsgewohnt,
Nötig zu haben, so sehr du
Deines täglich genießt.
Auch ‚der Tod
Geht dich nichts an‘. Zwar
Ist, unbestritten,
Dieser dein Leib, dein Ich
Todgeweiht.
Das aber trifft
Dich doch nicht, der du längst schon
Heimgekehrt bist ins Nichts,
‚Mutter‘ der Welten zum Aufersteh’n.
(1999)
Abermals die ekstatische Erfahrung eines Eins-Seins mit der Shûnyatâ, das sich hier als eine Existenz jenseits des Todes darstellt, die auch weiteres Leben nicht nötig hat, und doch, zurückkehrt in die wieder auferstandene Welt, das neu gewonnene Leben täglich genießt.
Epikur, der (alt)griechische Weise, hat das nachgerade klassische Argument formuliert: „Wenn wir sind, ist der Tod nicht; wenn der Tod ist, sind wir nicht; also geht der Tod uns nichts an!“ Und Lao-zi, dem großen Weisen aus dem alten China, wird die folgende Aussage über das DAO zugeschrieben: „Unter dem Himmel die zehntausend Dinge entspringen dem Sein, das Sein entspringt dem Nichts/Nicht-Sein“ (Dao-De-Jing, Text 40). Demgemäß gilt ihm das DAO auch als die ‚Mutter‘ der Zehntausend Dinge.